Vorarbeiten
Das Tagebuch
CC_Tagebuch No. 1 - 16.Sept. 1896 - 6. Dez. 1896
Mittwoch, 16.9.96.
Heute ist mein Geburtstag, wie mir obiges Datum sagt, wohlgemerkt, wie mir obiges Darum sagt, denn ich bin diesmal wenig geburtstäglich zu Mute. Etwas anderes ist es, was mir im Sinn liegt, das Schachspiel, mit vielem, was mit ihm zusammenhängt. Da ist zunächst der Brief, den ich an C. A. Walbrodt Anfang Juli schickte, er enthielt zwei von G. Warnecke und mir gespielte Partien, und um das nur gleich zu sagen, genau so haben wir sie doch nicht gespielt, etwas habe ich, aber aus mir selber, hinzu gedichtet (es waren 1 Russ. P. u 1 Evansgambit) und die Anfrage, ob diese P. sich wohl zur Aufnahme in der von ihm herausgegebenen "Berliner Schachzeitung" eigneten. Als Antwort auf diesen Brief stand in der No. 8a obiger Zeitung unter "Briefkasten"(:) "Für Sendung besten Dank, wir werden demnächst Gebrauch davon machen" Ob das wohl geschehen wird im Winter, weil dann ja nicht über so viele schachliche Veranstaltungen zu berichten ist? Es würde uns sicher riesiges Vergnügen machen. Uns? Ja, nämlich G. Warnecke und mir. Wir sind, wenigsten in Schachsachen, wie die besten Freunde zueinander. Nur in einem Teil sind wir hier nicht einig. W. Vorbild ist Wilhelm Steinitz, das meine Dr. Siegbert Tarrasch.
15.1.21: Schach dem Wort
schachern
schachern Vb. ‘handeln, feilschen’ geht aus dem Rotw. in die Allgemeinsprache über (17. Jh.). Zugrunde liegt jidd. sachern, sochern ‘handeln, Handel treiben’, das wohl aus hebr. sāḥar ‘in Handelsgeschäften reisen’, saḥar ‘Erwerb, Gewinn’ hervorgegangen ist. Schacher m. ‘gewinnsüchtiger Kleinhandel’ (19. Jh.).
Führen wir nun, wo das Schachleben unseres Vereins wieder ein bisschen an Bewegung gewonnen hat, auch unsere biographischen Forschungen zu Wilhelm Hilse fort!
Beginnen wir - wie am 31.10.20 angekündigt - mit der ersten Adresse:
Dazu werfen wir einen Blick ins historische Adressbuch 1878, da dies das Geburtsjahr Hilses ist. Dort taucht die aus Kirchweyhe zugezogene Familie allerdings nicht auf; andere Dokumente, auf die wir später zurückkommen, belegen aber, dass die Hilses zur Jahresmitte 1878 in die Theresenstraße 2 gezogen sind (die Differenz könnte sich aus dem Redaktionsschluss des Adressbuches ergeben, allerdings wird die Familie auch nicht im extra dafür verfassten Nachtrag erwähnt). Die Theresenstraße existiert übrigens immer noch, und zwar im heutigen Fesenfeld, das Haus hingegen ist verschwunden. Übrigens ein Schicksal - sehr enttäuschend für einen Biographen! - welches fast alle Wohnorte Hilses in Bremen ereilt hat. Aber nur fast, wie wir später sehen werden!
Im Adressbuch 1879 taucht die Familie schließlich auf, und dabei fällt die Berufsbezeichnung des Vaters auf:
Erwähnenswert ist dies insofern, als dass die Bezeichnung "Hufschmied" im Alphabetischen Verzeichniß von Gewerben und Geschäften des Historischen Adressbuches 1879 nicht vorkommt. Es werden lediglich ganz allgemein Schmiede angeführt, unter denen wiederum "Wilh. Ferd. Hilse" nicht gelistet ist:
Mit anderen Worten: wenn man einen Hufschmied gesucht hat, war Hilse sen., sofern man seinen Namen nicht kannte, über das Adressbuch nicht zu finden. Als neu nach Bremen Hinzugezogener wird er in dieser Hinsicht ohnehin einen schweren Start gehabt haben; vermutlich ist auch dies ein Grund dafür, dass Hilse sen. schon bald einen anderen Beruf ergriffen hat. Dazu später mehr.
??.??.20: Der unbekannte Meister VIII: Die Wohnorte Teil 2
Allein in den nächsten 12 Jahren zog die Familie innerhalb der unmittelbaren Nachbarschaft viermal um:
1880-1883: Olgastraße 20
1884-1885: Vagtstr. 21
1886-1887: Lessingstraße 19 o. (bedeutet wohl "oben")
1888-1890: Wendstr. 1c
Erst der nächste Umzug führt in ein anderes Viertel, und zwar ins heutige Walle zwischen Utbremer Ring und Steffensweg:
1890-1891: Calvinstr. 3
Danach verliert sich allerdings erst einmal die Bremer Spur: bis zum Jahre 1899 bleibt die Familie im Adressbuch unerwähnt. Der bereits angeführte Lebenslauf legt aber nahe, dass sie in diesem Zeitraum in Kirchweyhe gelebt hat - die Einzelheiten der Kirchweyher Periode harren noch ihrer Erforschung!
1899-1900: Gösselstr. 59
1901: Roßstr. 22 (Lebenslauf, HAB 1901)
1902: Roßstr. 22 (HAB 1902)
1903: Gösselstr. 70 sic! (HAB 1903)
1904: Gösselstr. 70 (HAB 1904) Locomotivführer / Lehrer
1905-1909: Yorkstr. 7 Lokomotivführer / Lehrer (1905 "Hülfslehrer" unter "Yorkstr.")
1910: Yorkstr. 7 Wwe / Lehrer
1911-1913: Bürenstr. 4 (HAB 1913)
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31.10. Wilhelm Hilse
Am 30. November 1940 starb Wilhelm Heinrich Hilse. Wilhelm Hilse war Deutscher Schachmeister und Ehrenmitglied der Bremer Schachgesellschaft. Er war ehrenamtlich in Bremen sehr engagiert, aber auch als Spieler erfolgreich. Er hat an vielen Turnieren teilgenommen und brachte es auf zwei Einsätze in der Nationalmannschaft. In der englischen Wikipedia gibt es einen kurzen Artikel über ihn.
Wilhelm Hilse wurde in einem Familiengrab von Verwandten beigesetzt. Das Grab befand sich auf dem Friedhof Buntentor in Bremens Neustadt. Vor etlichen Jahren wurde es aufgelöst. Der Friedhof hat jedoch einen "Annahmestop". Daher war das Grab nicht neu vergeben worden. Seit einigen Tagen ziert das Grab nun eine Platte aus Wesersandstein mit einem Schachmotiv.
Vielen Dank an die fleissigen Helfer (auf den Bildern fehlt Dirk Stieglitz, er hat aber auch mit angefasst, nicht nur fotografiert!:-))!
MW
Matt in 3 Zügen (Brinckmann)
Mit 1. Dc1 soll der Läufer von f2 abgelenkt werden: 1. ... L:c1 , 2. Sf2 usw. Dr. Kißling schreibt dazu:"Daß im Hauptspiel bei den Läuferzügen d2, g5, h6 durch geflissentlich schlechte Züge von Schwarz ein Dual ermöglicht wird, thut dem Werthe der trefflichen Aufgabe keinen Abbruch." Presuhn veröffentlichte sie als 50. Problem seiner Schachspalte und nahm dieses kleine Jubiläum zum Anlaß, als Preis für die beste Lösungsangabe zwei neue Schachwerke auszusetzen: "Das große Schachturnier zu Hastings mit den Biographien der Theilnehmer" und "Der Schachmeisterkampf' in Petersburg" ( bearbeitet v , L. Bachmann, 1896 ). W. Hilse, Kirchweyhe, entdeckte eine Nebenlösung. Durch Hinzufügung des Bauern f7 wurde die Aufgabe nachträglich verbessert.
Das folgende Dokument spricht für sich und bedarf keiner weiteren Erläuterung: eine Geburtsurkunde. Auffällig scheint allein die Schreibweise "siebenzig" statt "siebzig". Dennoch gilt es einen zweiten Blick zu riskieren: im Behördenstempel ist ein Hakenkreuz zu entdecken. Das passt zum Ausstellungsdatum 20. April 1937. Es ist unklar, warum die Urkunde ausgestellt werden musste. Ob es sich um einen Ariernachweis handelte? Oder ging es eher um Rentenansprüche? Zu diesem Zeitpunkt ist Hilse jedenfalls schon sehr erkrankt und es ist absehbar, dass er den Schuldienst vorzeitig verlassen wird.